Bankenregulierung: Parlament kann Rat endlich Zugeständnisse abringen
Nach 34 Trilogverhandlungen über 9 Monate haben sich Europaparlament,
Rat und Kommission gestern in der CRD IV Regulierung (Capital
Requirements Directive) über zentrale strittige politischen Punkte
geeinigt. Die CRD IV Regulierung bildet in Zukunft den gesetzlichen
Rahmen für europäische Banken. Sie besteht aus zwei legislativen
Texten: Einer Verordnung (CRR), die sich aus drei Teilen zusammensetzt
sowie einer Richtlinie (CRD). Die Verordnung ist nach Inkraftreten
unmittelbar durch die Banken anzuwenden und umfasst vor allem die
Bereiche Eigenkapital, Liquidität und Verschuldungsgrenze (Leverage
Ratio). Die Richtlinie erstreckt sich im Wesentlichen auf die Felder
Unternehmensführung, Aufsicht und Geschäftspraxis. Sie muss nach
Inkraftreten von den Mitgliedsländern in nationales Recht umgesetzt
werden. Insgesamt ist die CRD IV die europäische Umsetzung der Basel
III-Empfehlungen.
Trotz der Einigung zu zentralen Punkten wartet auf die
Verhandlungspartner noch viel Arbeit. Die gestrige Einigung umfasst
nicht die wichtigen Bereiche, wie z. B. Liquidität. Auch wichtige
Punkte zur Berücksichtigung der Besonderheiten des europäischen
Bankensystems in die CRD IV wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken
sind noch nicht in trockenen Tüchern. Voraussichtlich wird es noch
einen abschließenden Trilog geben.
Die Verhandlungsergebnisse kommentiert Sven Giegold, finanz- und
wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
"Durch Hartnäckigkeit hat das Europäische Parlament die Blockadepolitik
der Mitgliedsstaaten überwunden und zu einem Ergebnis geführt, das sich
sehen lassen kann. Mit dem zusätzlichen Eigenkapitalpuffer müssen die
wichtigsten, systemrelevanten Banken zukünftig aus eigener Kraft einen
Stützpfeiler errichten um widerstandsfähiger zu sein, wenn Verluste ihr
finanzielles Fundament bedrohen. Dieser Puffer ist ein wichtiger
Schritt, um zu verhindern, dass Steuerzahler die finanziellen Trümmer
zusammengebrochener Großbanken schultern müssen und sorgt für faireren
Wettbewerb mit kleinen Banken.
Erfolgsabhängigen Zahlungen und Boni von Bankern werden auf das rund
Zweifache des Festgehalts begrenzt. Dadurch werden Kasino-Mentalität
und Boni-Exzesse in die Schranken gewiesen. Diesen Erfolg gilt es nun
auf andere Finanzmarktakteure wie Fondsmanager auszuweiten.
Schließlich setzte das Europaparlament erstmals die länderbezogene
Transparenz von Steuerzahlungen und Gewinnen durch. Nach langem Ringen
und viel Unterstützung durch die Zivilgesellschaft bringt Europa damit
Licht ins Dunkel der Bankgeschäfte. Ab 2015 müssen alle Banken in ihren
Geschäfts- und Jahresabschlussberichten aufschlüsseln, in welchen
Ländern sie welche Gewinne und Verluste erwirtschaftet; wie viel
Steuern sie gezahlt und welche öffentlichen Subventionen sie erhalten
haben. Jedoch ist es dem Rat gelungen, noch eine Hintertür in den
Kompromiss einzubauen. Die Berichterstattungsmodalitäten sollen erst
nach einer besonderen Prüfung durch einen delegierten Rechtsakt von der
EU-Kommission definiert werden. Dieser Rechtsakt kann jedoch nach
Veröffentlichung binnen einer Dreimonatsfrist sowohl durch Rat als auch
das Europaparlament mit absoluter Mehrheit abgelehnt werden. Hier wird
nochmal ein Kraftakt des Europaparlaments und der Zivilgesellschaft
nötig sein, um Steuervermeidung durch Banken ein Ende zu bereiten."
Sven Giegold MdEP
www.sven-giegold.de
twitter & facebook: Sven_Giegold
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